Auf mein früh gestorbenes Kind

Wir sahn entzückt aus unsrer Liebe Feuer
Sich zwischen uns ein Flämmchen rein erheben
In des geliebten süßen Kindes leben;
Und uns begann des höchsten Glückes Feier!

Die Flamme glänzte uns zu täglich neuer
Und süßrer Freude, und mit frohem Beben
Vereinten wir des Herzens liebstes Streben,
Zu pflegen was uns über alles theuer.

Da kam mit schwerem Tritt der Tod gegangen;
Die Flamme, die so herrlich uns geleuchtet,
Die tischte er zu unserm tiefsten Beben.

Nun scheinet kalt und dunkel uns das Leben,
Mit Thränen ist Gesicht und Aug' befeuchtet;
Wir stehn erschüttert, tief vom Schmerz befangen.

Schon wehm wieder Frühlingslüfte lind,
Und Veilchen lassen süßen Duft entschweben,
Mit jungem Gras und Laube spielt der Wind,
Auch hör' ich Nachtigall ihr Lied erheben.

So viel auch Wesen und Gewüchse sind,
Es dränget alles sich zum Licht und Leben;
Nur welken mußte, ach, mein zartes Kind,
Es sollte keinen Frühling je erleben!

Nicht Frühlingsluft, nicht Veilchen, Nachtigallen,
Und was noch sonst der Frühling Süßes bringt,
Nichts davon sollte in dein leben fallen,

Da dich so früh das dunkle Grab verschlingt!
Und mir, die ich in Schmerz um dich vergehe,
Blüht nichts im Frühling als mein tiefes Wehe!

Autor: Rosa Maria Assing

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