Gedichte von Kurt Tucholsky

Kurt Tucholsky kam aus Deutschland und lebte vom 09.01.1890 bis 21.12.1935. Er war Journalist und Schriftsteller. Aktuell haben wir 7 Gedichte von Kurt Tucholsky in unserer Sammlung, die in folgenden Kategorien zu finden sind:

Fröhliche Ostern
Da seht aufs neue dieses alte Wunder:
Der Osterhase kakelt wie ein Huhn
und fabriziert dort unter dem Holunder
ein Ei und noch ein Ei und hat zu tun.

Und auch der Mensch reckt frohbewegt die Glieder -
er zählt die Kinderchens: eins, zwei und drei ...
Ja, was errötet denn die Gattin wieder?
Ei, ei, ei,
ei, ei,
ei!

Der fleißige Kaufherr aber packt die Ware
ins pappne Ei zum besseren Konsum:
Ein seidnes Schnupftuch, Nadeln für die Haare,
Die Glitzerbrosche und das Riechparfuhm.

Das junge Volk, so Mädchen wie die Knaben,
sucht die voll Sinn versteckte Leckerei.
Man ruft beglückt, wenn sie's gefunden haben:
Ei, ei, ei,
ei, ei,
ei!

Und Hans und Lene steckens in die Jacke,
das liebe Osterei - wen freut es nicht?
Glatt, wohlfeil, etwas süßlich im Geschmacke,
und ohne jedes innre Gleichgewicht.

Die deutsche Politik ... Was wollt ich sagen?
Bei uns zu Lande ist das einerlei -
und kurz und gut: verderbt euch nicht den Magen!
vergnügtes Fest! vergnügtes Osterei!

Autor: Kurt TucholskyKategorie: Ostergedichte

Kritik des Herzens
Erst wollte ich mich dir in Keuschheit nahn.
Die Kette schmolz.
Ich bin doch schließlich, schließlich auch ein Mann,
Und nicht von Holz.

Der Mai ist da. Der Vogel Pirol pfeift.
Es geht was um.
Und wer sich dies und wer sich das verkneift,
der ist schon dumm.

Denn mir der Seelenfreundschaft - liebste Frau,
hier dies Gedicht
zeigt mir und Ihnen treffend und genau:
es geht ja nicht.

Es geht nicht, wenn die linde -Luft weht und
die Amsel singt -
wir brauchen alle einen roten Mund,
der uns beschwingt.

Wir brauchen alle etwas, das das Blut
rasch vorwärtstreibt -
es dichtet sich doch noch einmal so gut,
wenn man beweibt.

Doch heller noch töne meiner Leier Klang,
wenn du versagst,
was ich entbehrte öde Jahre lang -
wenn du nicht magst.

So süß ist keine Liebesmelodie,
so frisch kein Bad,
so freundlich keine kleine Brust wie die,
die man nicht hat.

Die Wirklichkeit hat es noch nie gekonnt,
weil sie nichts hält.
Und strahlend überschleiert mir dein Blond
die ganze Welt.

Autor: Kurt TucholskyKategorie: Gedichte Sehnsucht

Großstadt-Weihnachten
Nun senkt sich wieder auf die heim'schen Fluren
die Weihenacht! die Weihenacht!
Was die Mamas bepackt nach Hause fuhren,
wir kriegens jetzo freundlich dargebracht.

Der Asphalt glitscht. Kann Emil das gebrauchen?
Die Braut kramt schämig in dem Portemonnaie.
Sie schenkt ihm, teils zum Schmuck und teils zum Rauchen,
den Aschenbecher aus Emalch glasé.

Das Christkind kommt! Wir jungen Leute lauschen
auf einen stillen heiligen Grammophon.
Das Christkind kommt und ist bereit zu tauschen
den Schlips, die Puppe und das Lexikohn,

Und sitzt der wackre Bürger bei den Seinen,
voll Karpfen, still im Stuhl, um halber zehn,
dann ist er mit sich selbst zufrieden und im reinen:
Ach ja, son Christfest is doch ooch janz scheen!

Und frohgelaunt spricht er vom Weihnachtswetter,
mag es nun regnen oder mag es schnein,
Jovial und schmauchend liest er seine Morgenblätter,
die trächtig sind von süßen Plauderein.

So trifft denn nur auf eitel Glück hienieden
in dieser Residenz Christkindleins Flug?
Mein Gott, sie mimen eben Weihnachtsfrieden.
Wir spielen alle. Wer es weiß, ist klug.

Autor: Kurt TucholskyKategorie: Weihnachtsgedichte

Weihnachten
Nikolaus der Gute
kommt mit einer Rute,
greift in seinen vollen Sack –
dir ein Päckchen – mir ein Pack.
Ruth Maria kriegt ein Buch
und ein Baumwolltaschentuch,
Noske einen Ehrensäbel
und ein Buch vom alten Bebel,
sozusagen zur Erheiterung,
zur Gelehrsamkeitserweiterung ...
Marloh kriegt ein Kaiserbild
und nen blanken Ehrenschild.
Oberst Reinhard kriegt zum Hohn
die gesetzliche Pension ...
Tante Lo, die, wie ihr wisst,
immer, immer müde ist,
kriegt von mir ein dickes Kissen. –
Und auch hinter die Kulissen
kommt der gute Weihnachtsmann:
Nimmt sich mancher Leute an,
schenkt da einen ganzen Sack
guten alten Kunstgeschmack.
Schenkt der Orska alle Rollen
Wedekinder, kesse Bollen –
(Hosenrollen mag sie nicht:
dabei sieht man nur Gesicht ...).
Der kriegt eine Bauerntruhe,
Fräulein Hippel neue Schuhe,
jener hält die liebste Hand –
Und das Land? Und das Land?
Bitt ich dich, so sehr ich kann:
Schenk ihm Ruhe – lieber Weihnachtsmann!

Autor: Kurt TucholskyKategorie: Weihnachtsgedichte

Mutters Hände
Hast uns Stulln jeschnitten und Kaffee jekocht
und de Töppe rübajeschom, und jewischt und jenäht
und jemacht und jedreht ...
alles mit Deine Hände. Hast de Milch zujedeckt, uns Bonbons jesteckt
und Zeitungen ausjetragen,
hast de Hemden jezählt und Kartoffeln jeschält ...
alles mit Deine Hände. Hast uns manches Mal bei jrossem
Schkandal auch'n Katzenkopp jejeben,
hast uns hochjebracht - wir warn Sticker acht,
sechse noch am Leben?
Alles mit Deine Hände. Heiß war'n se un kalt.
Nun sind se alt.
Nu biste bald am Ende.
Da stehn wa nu hier,
und dann komm wa bei Dir und streicheln
Deine Hände.

Autor: Kurt TucholskyKategorie: Muttertagsgedichte

Ostern
Da ist nun unser Osterhase!
Er stellt das Schwänzchen in die Höh
und schnuppert hastig mit der Nase
und tantz sich einen Pah de döh!

Dann geht er wichtig in die Hecken
und tut, was sonst nur Hennen tun:
Er möchte sein Produkt verstecken,
um sich dann etwas auszuruhn.

Das gute Tier! Ein dicker Lümmel
nahm ihm die ganze Eierei
und trug beim Glockenbammelbimmel
sie zu der Liebsten nahebei.

Da sind sie nun. Bunt angemalen
sagt jedes Ei: “ Ein frohes Fest! ”
Doch unter ihren dünnen Schalen
liegt, was sich so nicht sagen lässt.

Iss du das Ei! Und lass dich küssen
zu Ostern und das ganze Jahr ...
Iss nun das Ei! Und du wirst wissen,
was drinnen in den Eiern war!

Autor: Kurt TucholskyKategorie: Ostergedichte

Schöner Herbst
Das ist ein sündhaft blauer Tag!
Die Luft ist klar und kalt und windig,
weiß Gott: ein Vormittag, so find ich,
wie man ihn oft erleben mag.

Das ist ein sündhaft blauer Tag!
Jetzt schlägt das Meer mit voller Welle
gewiß an eben diese Stelle,
wo dunnemals der Kurgast lag.

Ich hocke in der großen Stadt:
und siehe, durchs Mansardenfenster
bedräuen mich die Luftgespenster ...
Und ich bin müde, satt und matt.

Dumpf stöhnend lieg ich auf dem Bett.
Am Strand wär es im Herbst viel schöner
Ein Stimmungsbild, zwei Fölljetöner
und eine alte Operett!

Wenn ich nun aber nicht mehr mag!
Schon kratzt die Feder auf dem Bogen,
das Geld hat manches schon verbogen ...
Das ist ein sündhaft blauer Tag!

Autor: Kurt TucholskyKategorie: Herbstgedichte

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