Am Sterbebett der Mutter

Nun ist's so weit!
Mein Wachen, Sorgen, Beten
Hat nur das dunkle Ziel verrückt.
Du kamst so gern zu mir auf meine Bitte,
Trotz schwerer Leiden warst Du so beglückt.

Nun ist's so weit!
Fünf Wochen könnt' ich bannen
Durch Kraft der Liebe, Umsicht und Geduld
Den klaren Geist, wenn auch in welker Hülle,
Das Mutterherz so voll von Himmelshuld.

Nun ist's so weit!
Der Schlaf ist eingetreten,
Der kalte Schlaf! Nicht Puls nicht Atem mehr
Qual ohne Rettung ließ für's Ende beten. —
O Mütterlein, wie war Dein Gang so schwer!

Nun ist's vorbei!
Ich habe nichts als Thränen!
In Armut wurd'st Du und in Arbeit alt.
Nur geben wollt'st Du, schämtest Dich, zu nehmen,
Und nichts als Segen hat Dein Mund gelallt.
's ist nicht vorbei!

Nimm, Erde, nur das Deine!
Du mußt mir lassen, was nie irdisch war!
O Mutterliebe! meine Brust Dein Tempel!
Mein ewig dankend Herz ist Dein Altar!

's ist nie vorbei!
Und dennoch, dennoch weine
Ich immer fort und such' im Dichten Ruh'.
Und ach wie tot sind alle diese Worte!
O Mutterruf, wie selig machtest Du!

Autor: Leo Sachse

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